Frische Lyrik
Das Fahrrad
Die Straßenlaterne vorm »Güldnen Becher«wanderer
wirft fahles Licht seit Zeiten.
Zu nächt’ner Stund’ soll’s den wack’ren Zecher
ein Stück des Wegs begleiten.
Manch Abend schiebt ein alter Mann
sein Fahrrad zur Taverne.
Schaut lächelnd danach und lehnt es dann
betulich an die Laterne.
Schon seit ich Kind, den Alten ich seh’,
wie sein Fahrrad, so klapprig und alt.
Zieht seine Spuren durch den Schnee
und auf flimmerndem Asphalt.
Vielleicht war der Mann mit seinem Rad
schon einmal um die Welt.
Und was sie erfuhren auf Straße und Pfad
bis heut sie zusammenhält.
Sie trennten sich nur, wenn wehmütig er
allein im »Becher« gesessen.
Die guten Jahre wiegen ihm schwer,
hier darf er sie vergessen.
Und tritt er dann gedankenentleert
in die dunkle Nacht hinaus,
lächelt er wieder und schiebt sein Gefährt
in seligem Rausche nach Haus’.
An der Straßenlaterne vorm »Güldnen Becher«
wurd’ das Rad heut früh abgeholt.
Seine letzte Fahrt hat der alte Zecher
im schwarzen Wagen gesollt.